Höher, schneller, weiter. Und vor allen Dingen: Immer mehr, immer mehr.
Bei dem Tempo kannst Du schnell mal den Überblick verlieren,
Dinge vergessen, Flüchtigkeitsfehler begehen.

„Magst Du mal Platz nehmen?
Einige Momente innehalten.
Muss ja auch nicht lang sein, dann kannst Du weiterlaufen.“

„Ja, aber wirklich, also eigentlich habe ich jetzt keine Zeit…“

„Wo ist die Flasche, die Plastikflasche, die ich vorhin bei Dir sah?“

„Oh, ich habe sie weggeworfen. Ist doch klar. Brauchte sie nicht mehr. Sorry Du, ich muss weiter…“

Die vielen Dinge und Wesen, die uns umgeben.

Die Plastikflasche. Sie ist nur eine Plastikflasche. Eine von Milliarden.
Und doch ist-war sie mal eine geniale Erfindung. Eigentlich.
Die Plastikflasche ist ein unendlich lang lebender Beweis für Deine-meine Genialität.
Die Sehnsucht nach Unsterblichkeit, die Plastikflasche hat ihn fast erfüllt.
Doch so wollten wir das gar nicht. War nicht unser Plan.
Da sind uns wohl ein paar kleine-große Denkfehler unterlaufen.

Ja, wir könnten das richtig machen, wenn wir ALLES denken und fühlen.
Wenn wir uns das gestatten.
Doch jetzt haben wir erstmal ein Problem, das sich weder komplett wegwerfen nach abschieben lässt.
Diese Plastikflaschen, sie tauchen einfach immer wieder auf, wieder auf.
Sie sind beharrlich. Nahezu unsterblich eben.
Diese Plastikflaschen, Milliarden Plastikflaschen, liefern einen weiteren lebendigen Beweis:
Den Beweis dafür, dass jedes Wesen, jedes Ding eine Aura hat.

Nur haben wir dies vergessen, in unserem Immer-Mehr-Produktionswahn, in diesem Tempo, das uns den Atem raubt.
Im Zeitalter des „Ich denke, also bin ich.“, in dem nur das, was ich sehe, wirklich da ist.
Oder auch noch mehr. Aber das gilt nicht.
Und das, was tiefer wohnt, unter der Oberfläche, das Nicht-Denk- sondern nur Fühlbare?
„Nö, schaue ich besser nicht hin. Ist zu kompliziert. Was könnte da wohl am Ende rauskommen?“

Noch sind wir offenbar ein Teil von jener Kraft,
die stets das Gute will und stets doch auch ganz viel Böses schafft.

Die Aura aller Dinge und Wesen.

Ist ja auch kein Wunder, dass wir sie nicht mehr sehen können.
Bei all dem Schnell-schnell unserer Zeit
beim all dem Lärm um Nichts und Nichtigkeiten
haben wir ja selbst keinen Blick mehr für unser ganz persönliches Wunder.
Denn auch uns, Dich und mich, umschmeichelt natürlich diese Aura.
Nicht nur die Plastikflasche.
In Deinen stillen Momenten kannst Du sie sehen.

Müll gibt es nicht, gab es noch nie.

Alles ist ein Werden und Vergehen, ein Geben und Nehmen.
Von Aura zu Aura, statt von Asche zu Asche.
Im wundervollen Kreislauf des Lebens.

Ich wünsche mir das neue Zeitalter der Aura herbei!

Herzlich willkommen im Mehr-Wert-Land.

In diesem Land erinnern wir uns,
dass wir alles, was wir jetzt tun auf geheiligte und feierliche Weise tun dürfen,
weil immer wir diejenigen sind, auf die wir gewartet haben.

Und die heiligste aller Fragen in diesem Mehr-Wert-Land,

sie lautet und ich stelle sie DIR:

Mit wie viel Achtsamkeit und Liebe bist Du hier?

(Dieser Text ist inspiriert von Walter Benjamins Essay „Das Kunstwerk im Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit.“)