In den vergangenen Wochen und Monaten war zu hören und zu lesen, die „gleichgeschalteten Mainstream“ Deutschlands steckten mit den Mächtigen, vielleicht sogar „Diktator*innen“, unter einer Decke, würden unsere Wirklichkeit verfälschen, nur die eine „Mainstream-Wahrheit“ verbreiten, bewusst manipulieren, um bestimmte Bewegungen, die für sich beanspruchen quer und alternativ zu denken (und damit auch oft verbinden, es besser zu wissen) klein zu halten. Zweite beliebte Argumentationslinie: Die Medien würden manipulieren, indem sie Querdenker*innen mit rechten Kräften in Verbindung brächten und damit deren eigentliches „Programm“ (Freiheit, Frieden, Liebe) verkennen.
Ich kann diese Sichtweise nicht teilen. (Und dazu mag ich nochmals vorweg schicken: Ich denke, dass die meisten Menschen, die sich in diesen Querdenker-Feld, so nenne ich das mal, bewegen, mit wirklich positiver Absicht unterwegs sind und eben dies: „Freiheit, Frieden und Liebe“ wollen und besorgt sind, wohin uns die derzeitigen gesellschaftlichen Entwicklungen führen. Ich finde diese Wachsamkeit gut und ja, auch ich bin natürlich für Freiheit, Lieben und Frieden.)
Doch zurück zu den Medien.
Nein, wir haben keine „gleichgeschaltete Medienlandschaft“,
die propagandistisch und Merkel- oder Spahn-hörig unterwegs ist sowie von Bill Gates gekauft wurde. Nein, wir haben sie nicht. Ganz und gar nicht. Dieses Bild ist zu einfach. Gleichwohl stehen wir auch in diesem Themenfeld vor einigen Herausforderungen.
Grundsätzlich bin ich dankbar für unsere Medienvielfalt, für eine Medienlandschaft im Umbruch. Einige Fakten: Wenn ich mir allein den Printmedienmarkt anschaue, verfügen „wir“ in Deutschland über eine überbordende Vielfalt (Zahlen des Bundesverbandes der deutschen Zeitungsverleger aus dem Jahr 2018): Wir verfügen über: 312 lokale und regionale Abonnementzeitungen mit 11,5 Millionen Leser*innen, 7 überregionale Zeitungen mit 1,0 Millionen Leser*innen, 8 Straßenverkaufszeitungen mit 2,3 Millionen Leser*innen, 21 Wochenzeitungen mit 1,7 Millionen Leser*innen, 6 Sonntagszeitungen mit 1,9 Millionen Leser*innen. Natürlich ist das Thema Medienkonzentration eine Herausforderung – fünf Medienkonzerne (ARD, ZDF, Bertelsmann, ProSiebenSat1 sowie Springer teilen sich mehr als die Hälfte des „Meinungsmarktes“). Zudem sorgen die großen Nachrichtagenturen für eine Art „Herdentrieb“ in der Berichterstattung (so würde ich das mal nennen). Auch die Tendenz, sich in seiner Berichterstattung an bestimmten „Nachrichtenwerten“ aus der Nachrichtenforschung zu orientieren (von denen Negativität ein zentraler ist), verfälscht die Berichterstattung.
Aber von einer gleichgeschalteten Medienlandschaft, die sich von der Bundesregierung ihre Meldungen diktieren lässt, kann bei weitem nicht die Rede sein.
Woran ist zu erkennen, dass wir keine gleichgeschaltete Medienlandschaft haben?
* Sonst dürften wir wohl kaum einen Heribert Prantl genießen, der sich der sich derzeit in seiner Kolumne für die Süddeutsche Zeitung äußerst kritisch und fundiert mit der derzeitigen Entwicklung der Einschränkung unserer Grundrechte auseinandersetzt. Hier eine seiner lesenswerten Kolumnen:
* Sonst dürften wir wohl kaum erleben, wie alternative Medien wie etwa der YouTube-Kanal Jung und Naiv von Thilo Jung oder auch das Onlinemagazin für konstruktive Nachrichten Perspective Daily sich etablieren und teilweise enorme Reichweiten erlangen.
*Sonst wären Medien, die der „Neuen Rechten“ zugeordnet werden wie etwa KenFM, Compact oder auch RT Deutschland, sehr schnell weg vom Fenster. Ja, sie sind ein Beleg unserer Freiheit der Meinungsäußerung und der damit ermöglichten Medienvielfalt (auch wenn ich ihre Berichterstattung nicht gutheiße).
Und ebenfalls ja: Diese Medienlandschaft ist in diesen Jahren auch sehr herausgefordert und befindet sich im Umbruch – durch die Digitalisierung und die damit einhergehende Flut an Informationen, durch die Veränderung unseres Zeitgeistes, unserer grundsätzlichen Haltung, die unsere Nachrichtenwerte verändert und u.a. das Bedürfnis verstärkt, konstruktivere Nachrichten aufnehmen zu wollen, um sich perspektivisch ausrichten zu können wie auch die zunehmende Medienkonzentration und die Verquickung von Politik und Medien, die ebenfalls zu beobachten ist. Ja, diese Medienlandschaft, sie wird gerade ordentlich durchgeschüttelt. Ja, viele Journalist*innen werden gerade ebenso durchgeschüttelt wie Du und ich in diesen bewegten Zeiten.
Doch eine gleichgeschaltete „Mainstream-Medienlandschaft“?
Nein, ich kann sie in keinster Weise erkennen.
Und weißt Du, was das Größte ist?
Du genießt Meinungsfreiheit, ein so hohes Gut, so kostbar. In unserer digitalisierten Welt kannst Du mit diesem Gut diese, unsere Medienwelt mitgestalten, kannst selbst Deine Nachrichten, Deine Meinungen verbreiten, in Austausch mit anderen gehen. Und Du verfügst über eine unendlich große Möglichkeit, Dich zu informieren – in Mainstream-Medien UND alternativen Medien. (Und vielleicht ist sogar diese Vielfalt ein Teil unseres kollektiven Problems ?…)
- Und wie nimmst Du unsere heutige Medienlandschaft wahr?
- Welche Medien nutzt Du? Wie informierst Du Dich?
- Welche Rollen spielen Medien für Dich?
- Welche Veränderungen wünschst Du Dir?
Danke für unseren Austausch und gemeinsames Lernen.
PS: Das Kapitel „plan b & Perspective Daily: Konstruktiver Journalismus als Wegbereitung“ meines Buchs MAKE WORLD WONDER, das am 01.10. im oekom-Verlag erscheint, handelt von der Rolle des Journalismus in diesen bewegten Zeiten… Lies gern rein, es gibt noch weitere Einblicke ?